Freitag, 20. Juli 2018

Mein kleines Dorf

Heute möchte ich mein kleines Dorf vorstellen, wir sind dort 1947 hinbeordert worden, die ganze Schulzeit über habe ich dort gewohnt, es heißt Golzwarden, ist nun in die größere Stadt Brake an der Unterweser eingegliedert worden.
Das auffälligste Gebäude in unserem Ort ist die wunderbare alte Kirche:

 Foto:Wikipedia
Sie wurde 1263 erbaut und diente gleichzeitig als Schutzraum wenn es Sturmfluten gab. Sie steht auf einer "Wurt" also erhöht, man kann sie von überall gut sehen. Zunächst war sie eine katholische Kirche, der Innenraum wurde etliche Male umgebaut, nun ist sie evangelisch, heißt aber immer noch St. Bartholomäus Kirche.

Hier ein Eindruck von den alten Backsteinen, sicherlich von Hand gemacht und nun schon so alt und immer noch stabil.



Über diese Treppe verliess und bestieg der Pfarrer die Kanzel, die Treppe ist, glaube ich, noch im Original, betreten möchte ich sie allerdings nicht mehr.


Das Fenster ist natürlich neu aber naturgetreu nachgearbeitet. Um die Kirche herum befindet sich der Friedhof, der eine sehr interessante Geschichte hat. Weil das Grundwasser so hoch steht, hatte man früher zum Teil "Gruften" gemauert, Keller ausgeputzt, um dort die Toten zu bestatten, ganze Familien wurden dort hineingebettet, bis in die Gegenwart teilweise noch so.
Aber der Höhepunkt in der Kirche ist eine Arp Schnitger Orgel, Orgelkenner werden aufhorchen, so ein kleines Nest mit so einer berühmten Orgel, wie das.

Foto:Wikipedia
Arp Schnitger wurde im Nachbarort, Schmalenfleth, geboren. Er war ein sehr berühmter Orgelbauer seiner Zeit. Aus Liebe zu seinem Heimatort, baute er diese schöne Orgel, sie hat einen sehr angenehmen Klang.

Foto:Wikipedia
Ihm zu Ehren hat man in seinem Geburtsort ein Denkmal gesetzt, sie sind mächtig stolz auf ihn und jedes Kind kann die Geschichte dieses Mannes erzählen.
Früher mußte man sogar noch den Blasebalg treten, meistens der Küfer, oftmals sein Sohn und hin und wieder mein Vater. Ich hatte es auch mal probiert, aber mir ist schnell die Puste ausgegangen, man mußte sehr gleichmäßig und im Rhytmus treten, heute ist alles elektronisch, logo.

Noch so ein Kuriosium war der Glockenturm, weil die Glocken so schwer waren, mußte ein eigener Turm her, der immer noch steht, ganz schief nach links geneigt, auf dem Foto kommt es nicht so deutlich raus. Zwei Glocken mußten ebenfalls von Hand geläutet werden, das war ebenfalls richtige Muckiarbeit. Wenn eine Person zu leicht war, dann wurde sie immer ein Stückchen mit hochgezogen, ein lustiges Bild. Auch da mußten oft die Konfirmanden mithelfen, denen bereitete es große Freude, wir Mädchen durften nicht mit ran.


Gegenüber von der Kirche stand unsere Schule, zwei Klassenräume für 8 Klassen. Jedes Klassenzimmer hatte 4 Fenster und das größere Fenster war die Tür auf den Schulhof, Ein-und Ausgang. Heute kann man sich so einen Unterricht mit 4 Jahrgängen in einem Klassenraum nicht vorstellen, aber es hat geklappt. Oftmals habe ich mit einem Ohr zugehört  was die anderen so lernen sollten. Die Kleinen bekamen "Stille Arbeit" dennoch bekam man auch schon z.T. den anderen Stoff mit, was später von Vorteil war.
Später wurde eine neue Schule gebaut, in der ich noch ein ganzes Jahr gegangen bin.
Die alte Schule wurde als Wohnraum ausgebaut und meine Familie hat viele Jahre dort gewohnt
Inzwischen hat sich das Dorf vergrößert und dementsprechend verändert, mache Ecken kenne ich nicht mehr wieder. Auch das von mir so geliebte Storchennest gibt es nicht mehr, aber dafür 4 neue Nester








4 Kommentare:

  1. "Heute kann man sich so einen Unterricht mit 4 Jahrgängen in einem Klassenraum nicht vorstellen," Bei uns gibt es das sogenannte jehrgangaübergreifende Lernen. Da werden z.B. die schüler der Klassen 1-3 gemeinsam unterrichtet. Das ist dann angeblich was total tolles und Neues. Ich halte nicht viel davon.
    Liebe Grüße!

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  2. Liebe Edith,

    schön ist Deine Geschichte von Deinem Ort und der Kirche. Wenn man mal in seinen Erinnerungen kramt, fällt einem wieder so vieles ein.
    Obwohl ich nie aus Berlin herausgekommen bin, erkenne ich meine alte Wohngegend nur deshalb noch, weil ich dort ab und an noch einmal hinfahre. Viel hat sich auch dort verändert. Altes ist verschwunden und Neues hinzugekommen. Berlin hat sich immer weiter ausgebreitet. Das was früher noch dörflich-idyllisch war, gibt es heute nicht mehr.

    Liebe Grüße
    Jutta

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  3. Liebe Edith,

    welcome back sozusagen, aber ich freue mich, dass du so schöne Impressionen aus deinem Dorf mitgebracht hast. Die Kirche ist typisch von der Architektur her für Norddeutschland. Mir gefällt sie sehr gut.
    Dass ein Pfarrer, um auf die Kanzel zu gelangen, außen eine Treppe hinaufgehen muss, das habe ich allerdings bis jetzt noch nicht gesehen.
    Eine herrliche Orgel und ich finde es schön, dass man diesem Orgelbauer ein adäquates Denkmal setzte.

    So war es früher in den Schulen, mehrere Jahrgänge wurden zusammen unterrichtet.

    Gefreut habe ich mich natürlich über deine Zeilen auf meinem Blog, dass es in eurem Dorf 4 neue Storchennester gibt und es Nachwuchs gibt. :-)

    Ganz liebe Grüße und dir ein schönes Wochenende
    Christa

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  4. Hallo Edith,
    wir haben hier auch ein Brake, Brake bei Bielefeld. Sieht aber anders aus und hat keine so schöne Kirche. ;-)
    VG
    Elke

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